Swap unter Linux scheint so eine Sache zu sein, um die sich reichlich Mythen und Legenden ranken. Deshalb schreibe ich heute mal auf, was ich so von der Sache halte.
Wie wir alle wissen, wird der Swap-Bereich zusammen mit dem realen Arbeitsspeicher (RAM) zum sogenannten Virtual Memory (VM) zusammengefaßt. Auf einem System mit 2 GB RAM und 2 GB Swap steht also ein für Appikationen nutzbares VM von 4 GB zur Verfügung. Die Hälfte davon befindet sich als Swap auf Festplatte. Zugriffe darauf sind sehr viel langsamer als Zugriffe auf den normalen Arbeitsspeicher.
Mythos: “Jedes UNIX-System braucht Swap!”
Swap ist nicht mehr als eine sehr, sehr langsame Speichererweiterung. Ist der Arbeitsspeicher voll, werden Speichersegmente auf Festplatte ausgelagert. Dadurch, daß diese Auslagerung deutlich langsamer als normale RAM-Aktiviät geschieht, wird das System in aller Regel extrem langsam. Diese Auslagerungsaktivität kann im Rahmen einer Überwachung erkannt werden. Idealerweise wird auch die Problemquelle identifiziert und der entsprechende Prozeß von Hand beendet, so daß das System weiterlaufen kann.
Daraus folgt im Prinzip nichts anderes, als daß Swap nichts weiter bringt, als einen gefühlten Zeitgewinn für das Beenden von Speicherfressern.
Auf der Hand liegt andererseits auch, daß man z.B. ein Flash-basiertes (und damit read-only)-System ohne Swap betreiben können muß. Folglich gilt, daß ein Linux-System ohne Swap problemlos laufen kann, solange der Arbeitsspeicher für den gesamten Speicherbedarf aller zu benutzenden Applikationen ausreichend dimensioniert ist.
Mythos: “Swap muß immer auf einer eigenen Partition liegen!”
Unter Linux (und vermutlich auch den meisten anderen UNIX-Systemen) ist es problemlos möglich, anstelle einer Swap-Partiton ein Swapfile zu verwenden. Die Vorgehensweise dazu ist dort in der Manpage von mkswap beschrieben. Da ein swappendes System ohnehin ein schweres Problem mit der Performance von Speicherzugriffen hat, kann man den marginalen zusätzlichen Performanceverlust durch die Dateisystemebene praktisch vernachlässigen. (Eine Ausnahme gilt, die erwähne ich im übernächsten Absatz.)
Mythos: “Es muß immer doppelt soviel Swap vorhanden sein, wie Arbeitsspeicher!”
Das ist so eine ganz alte Daumenregel, deren historischer Hintergrund schwer durchschaubar ist. Sie ist vermutlich teilweise darin begründet, daß es UNIX-Systeme gegeben haben soll, bei denen der Arbeitsspeicher auf Swap gespiegelt wurde. Um also eine wirksame Vergrößerung des VM durch Swap zu haben, war also wesentlich mehr Swap als Arbeitsspeicher erforderlich.
Eine Mindestgröße für Swap ergibt sich bei tragbaren Systemen, die für die Hibernation ihren Arbeitsspeicher auf Swap auslagern. Dies ist meines Wissens die einzige Situation, in der nicht nur eine wirkliche Mindestgröße für Swap vorliegt, sondern in der es sich auch tatsächlich um eine Swap-Partition handeln muß.
Generell gilt, daß es über die altbekannte Daumenregel hinaus keine feststehende Regel für die Swap-Größe gibt. Wer sich an der alten Regel festhalten will, darf das gern tun. Man sollte sich aber durchaus fragen, welche Dinge man von einem System mit 8, 16 oder 32 GB Swap zu erwarten glaubt.
Mythos: “Aber tmpfs braucht Swap!”
Nur um dem unvermeidlichen Kommentar vorzubeugen: Das tmpfs-Dateisystem, z.B. unter Solaris und Linux, braucht nicht Swap, sondern Virtual Memory. Es wird also bei ausreichenden Platzverhältnissen im Arbeitsspeicher gehalten, kann aber von Applikationen auf Swap verdrängt werden. Es stellt sich die Frage, inwieweit ein dediziertes Filesystem für /tmp überhaupt eine Berechtigung hat, wenn seine Schreib- und Leseperformance im Prinzip unvorhersagbar sind.